BMAS-Broschüren zum Persönlichen Budget

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat neue Broschüren zum Trägerübergreifenen Persönlichem Budget veröffentlicht. Diese können kostenlos bestellt, aber auch als PDF heruntergeladen werden:

Leider steht in beiden nichts wirklich konkretes drin. Es bleibt bei einer groben Beschreibung und wohin man sich wenden muss, wenn man Interesse hat. Soweit so sparsam.
Die Möglichkeit das persönliche Budget für Assistenz-Dienstleistungen im Arbeitsleben zu nutzen, wird nicht einmal erwähnt. Schade.

Kurz gebloggt: Nach Klage darf junger Hesse die Regelschule besuchen

Ein jugendlicher unter Bedingungen von Trisomie 21 sollte vom Land Hessen aus Kostengründen am Besuch einer integrativen Regelschule gehindert und zum Besuch einer Sonderschule gezwungen werden.

Die Klage gegen diese Praxis war nun erfolgreich:

Klage erfolgreich: Befreiung aus der Sonderschule – taz.de.

Lernen und Wiederholung

Kurze Notiz zum Nachdenken:

Heute habe ich mit meinen Teilnehmern eine spannende Diskussion geführt zum Thema: Ist lernen nur im Rahmen wiederholter Erfahrungen möglich, oder kann man auch bei einem einmaligen Erlebnis etwas lernen?

Die Argumentation, dass Lernen durchaus auch aus einmaliger Erfahrung möglich sei sah folgendermaßen aus:

  • Wenn ein Mensch beim allerersten Mal, als er auf die Herdplatte fasst, das Pech hat, eine heiße Herdplatte zu erwischen, lernt er direkt, dass man nicht auf die Herdplatte fassen darf.

Die Argumentation, dass Lernen erst bei wiederholter Erfahrung stattfindet, sah so aus:

  • Oben genannter Mensch wird erst dann wirklich etwas über die Herdplatte gelernt haben, wenn er ein weiteres Mal auf die Herdplatte gefasst hat und festgestellt hat, dass Sie nicht immer heiß ist.

Das hat mich sehr an Weizsäcker erinnert, der schreibt:

Erst die Zweitmaligkeit gibt der Erstmaligkeit Realität, Einmaligkeit gibt es nicht. (WEIZSÄCKER, E. v.: Erstmaligkeit und Bestätigung als Komponenten der pragmatischen Information. In:
Ders. (Hrsg.): Offene Systeme I. Beiträge zur Zeitstruktur von Information, Entropie und Evolution.
Stuttgart 1986)

Soweit erstmal…

Bevorzugt das Gehirn bestimmte Satzstrukturen?

Gibt es grammatikalische Strukturen, die unserem Gehirn mehr liegen als andere? Forscher der University of Chicago, genauer die Autoren des Aufsatzes “The Natural Order of Events: How Speakers of Different Languages Represent Events Nonverbally” glauben, Hinweise darauf gefunden zu haben.

Ihre Untersuchung:

  • 10 Personen, deren Muttersprache Englisch ist
  • 10 Personen, deren Muttersprache Mandarin-Chinesisch ist
  • 10 Personen, deren Muttersprache Spanisch ist
  • 10 Personen, deren Muttersprache Türkisch ist

Diesen 40 Personen wurden kurze Videosequenzen einfacher Tätigkeiten vorgeführt (z.B. eine Frau dreht einen Türknopf) vorgeführt.
Danach wurden sie gebeten, den Inhalt dieser Videosequenzen

  • erst sprachlich wiederzugeben
  • und dann nur mit Gesten.

Bei der sprachlichen Wiedergabe folgten die Versuchspersonen den grammatikalischen Regeln ihrer Sprache. Die Sprecher des Englischen, Mandarin und Spanischen formten Sätze in der Reihenfolge

Subjekt – Verb – Objekt (SVO-Form),

also zum Beispiel: “Frau – dreht – Türknopf“. In dieser Form würde der Satz auch in der deutschen Sprache gebildet werden.
Die Sprecher des Türkischen bildeten den Satz in der Form:

Subjekt – Objekt – Verb (SOV-Form),

also z.B. “Frau – Türknopf – dreht“.

Bei der non-verbalen Wiedergabe wendeten alle Sprecher eine Form unabhängig von der eigenen Sprache an. Nämlich die SOV-Form.

Daraus schließen die Autoren des Artikels, Weiterlesen

Wie behindernde Bedingungen entstehen

Ein schönes Beispiel dafür, wie behindernde Bedingungen entstehen, liefert uns die Bundesregierung: den ePass 2. Wem der Begriff so gar nichts sagt, der kann sich diese Video-Botschaft von Wolfgang Schäuble anschauen.

Wolfgang Schäuble und die Fingerabdrücke

Es geht um die elektronisch gespeicherten Fingerabdrücke. Herr Schäuble erklärt worum es geht:

“Der Vorteil von Fingerabdrücken ist, dass sie so einzigartig sind wie der Mensch selbst und dass sie maschinell geprüft werden können. Bei der Beantragung des Passes müssen die beiden Zeigefinger nur ganz kurz auf einen elektronischen Scanner gelegt werden, um die Fingerabdrücke zu erfassen. Bei einer biometrieunterstützten Kontrolle – z.B. am Flughafen – geht es ähnlich schnell: der vor Ort aufgenommene Fingerabdruck kann mit dem Abdruck im Chip verglichen werden.”

Mal von allen politischen Bedenken (insbesondere gegenüber der Glaubwürdigkeit der Behauptung, die gespeicherten biometrischen Daten würden nach der Speicherung auf dem Chip gelöscht und nicht an zentraler Stelle gespeichert) abgesehen, sind soziale Bedenken bei der Einführung des elektronischen Passes der zweiten Generation.

Die Aussage von Herrn Schäuble, dass Fingerabdrücke “maschinell geprüft werden können” ist nämlich nicht für alle Menschen korrekt. Der CCC Deutschland wies in einem Beitrag vom 16. Oktober darauf hin, “dass weit über 10% der Senioren damit rechnen müssen, keine erfassbaren Fingerabdrücke zu haben. […] Neben den Senioren werden auch intensiv mit den Händen arbeitende Menschen mit derartigen Benachteiligungen zu kämpfen haben.” Dazu kommen noch Menschen, die mit Hautkrankheiten oder allergischen Reaktionen zu kämpfen haben, und deren Fingerabdruck je nach akuter Situation der Haut auf den Fingerkuppen schwankt. Von Menschen, denen es schlicht und einfach an Händen fehlt, einmal ganz zu schweigen.

Diese Menschen erwartet, um es mit den Worten des CCC auszudrücken, “unweigerlich eine Diskriminierung durch verschärfte Kontrollen und lange Wartezeiten.”

Hier wird also eine biologische Abweichung von der Mehrheit in soziale Benachteiligung verwandelt.

Wer diesen letzten Gedanken nicht so ganz nachvollziehen konnte, dem lege ich die Lektüre des zweiten Kapitels meiner Diplomarbeit ans Herz. Und die gibt es hier.

P.S.: Auf die Videobotschaft Herrn Schäubles wurde ich übrigens durch netzpolitik.org aufmerksam.