Immer wieder höre ich Menschen um mich herum sagen (und auch ich selbst habe diesen Satz schon das ein oder andere Mal sinngemäß geäußert):
“Wahrscheinlich wird in Deutschland viel mehr überwacht als vom Grundgesetz her erlaubt ist. Die hören uns viel flächendeckender ab als sie zugeben.”
Falls dieser Satz stimmt, dann sind wir längst im Überwachungsstaat angekommen. Wenn ich mir nämlich durchlese, was Innenstaatssekretär August Hanning (quasi Schäubles rechte Hand) in einem Taz-Interview ganz offen zugibt und auch offensiv vertritt, will ich mir gar nicht mehr vorstellen, wie die Überwachungsrealität aussieht.
Ein paar Beispielhafte Zitate:
1. Das erste klingt noch wie eine unabsichtliche unglückliche Formulierung:
Taz: Für unzulässig halten Sie eine Rund-um-die Uhr-Überwachung aber nicht?
Hanning: Diese Frage ist hypothetisch. So viel Personal hat die Polizei doch überhaupt nicht[…]
2. Das zweite spricht schon eine deutlichere Sprache:
Taz: Soll es zum Schutz der Privatsphäre Bereiche geben, in die der Staat verlässlich nicht hineinschauen darf?
Hanning: Natürlich nicht. Wenn man ein Vakuum lässt, ist klar, dass dies zur Verabredung von Verbrechen genutzt wird. Kein Rechtsstaat der Welt wird sich Bereiche leisten, die jeglicher staatlicher Überwachung entzogen sind.
Ich sehe das anders. Meines erachtens muss sich ein Rechsstaat Bereiche leisten, die jeglicher staatlicher Überwachung entzogen sind.
3. Und zu guter letzt gibt es richtig Butter bei die Fische. Auf die Frage, wie es denn mit der Achtung des “Kernbereiches der privaten Lebensführung” aussieht, dem laut Bundesverfassungsgericht absoluter Schutz zukommt, antwortet er nach einem kurzen Lippenbekenntnis, dass dieses natürlich geachtet werde:
Und Gespräche über kriminelle Pläne gehören laut Bundesverfassungsgericht nie zum Kernbereich des Privatlebens.
Klare Sache, das. Der Kernbereich des Privatlebens ist also geschützt, aber um rauszufinden, ob ein Gespräch zu diesem Kernbereich gehört, muss man es ja schließlich erstmal abhören…
Und falls Sie sich jetzt in Überlegungen ergehen, dass die Behörden ja bestimmt von vorne herein sortieren, je nachdem, wo das Gespräch geführt wird:
Taz: Egal wo sie geführt werden?
Hanning: Ja. […]
Klarer geht’s nicht, oder?